Wasserkraft: „Multitalent und Teamplayer“

Austausch mit Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Praxis auf Initiative von MdB Muhanad Al-Halak

Der Einladung des Bundestagsabgeordneten Muhanad Al-Halak (FDP) zu einem Fachaustausch folgten auch Vertreter der bayerischen Wasserkraftverbände, um die vielseitigen Potenziale der Wasserkraft mit weiteren Akteuren zu erörtern.

"Die Wasserkraft kann so viel mehr als nur Kilowattstunden. Ihre Potenziale als dezentrale und klimaneutrale Energieversorgung sind längst nicht ausgeschöpft. Auch für die Notstromversorgung, gerade bei Blackout Szenarien kritischer Infrastrukturen, als auch für den örtlichen Hochwasserschutz, den Klimaschutz und die Klimaanpassung, kann die Wasserkraft enorm wertvolle Beiträge leisten“, ist sich der Bundestagsabgeordnete Muhanad Al-Halak (FDP) sicher. Um die Potenziale der Wasserkraft auf Herz und Nieren zu prüfen und dabei auch neue Impulse zu gewinnen, initiierte der Parlamentarier in Berlin einen Austausch mit einem bundesweiten Expertenkreis aus Verbänden, Hochschulen und Ingenieurbüros. Unter den 35 Gästen begrüßte der Parlamentarier u. a. Vertreter des Bundesverbands Deutscher Wasserkraftwerke (BDW), des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), der Vereinigungen, Arbeits- und Interessensgemeinschaften von Wasserkraftwerken in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein, von der TU Braunschweig und von verschiedenen Ingenieurbüros.

Im Mittelpunkt des Treffens standen unter anderem Themen wie die unerschlossenen Potenziale der Wasserkraft in Deutschland, der Wasserkraftausbau im Einklang mit europäischen Richtlinien und der Beitrag der Wasserkraft zur CO2-freien Notstromversorgung. Diskutiert wurde, wie es mithilfe der derzeit verfügbaren technischen Möglichkeiten und des aktuellen Wissens gelingen kann, das Potenzial der Wasserkraft als verlässliche, dezentrale und vor allem resiliente Stromversorgung schnellstmöglich zu bewerten, in der Konsequenz zu heben und dabei gleichzeitig einen, im Sinne der Regionalentwicklung und Ökologie, regenerativen Ansatz zu verfolgen. Erörtert wurde auch, welche Verbesserungen im Bereich der Genehmigungsverfahren dienlich wären, um die Potenziale schnellstmöglich und so umfangreich wie möglich zu realisieren.

Mit der Frage „Wasserkraft… was geht?“, skizzierte der Umwelt-ingenieur Dipl. Ing. Christoph Pfeffer, Inhaber eines Büros für Umwelt- und Energietechnik aus dem niederbayerischen Regen, als Ergebnis seiner aktuellen Studie einige Visionen und Möglichkeiten zur Wasserkraft in Deutschland. In seinem Impulsvortrag ging es um Fragen wie „Was kann die Wasserkraft heute leisten?“, „Welche Potenziale liegen brach, welche Möglichkeiten tun sich auf?“, um die Chancen und Synergien der Wasserkraft zu beleuchten. „Schaut man sich die Strukturen genauer an, so kann man erkennen, dass heute bei weitem nicht alle Potenziale und Möglichkeiten genutzt werden“, erklärt der Fachmann aus der Praxis und skizziert die Möglichkeiten durch Repowering, Modernisierung, Reaktivierung stillgelegter Standorte, Nutzung vorhandener Querbauwerke, Integration in technische Systeme und die umweltverträgliche Nutzung neuer Standorte. Pfeffer betreut aktuell 200 Wasserkraftwerke als Berater, Planer und Verfahrensbegleiter und ist Dozent für Wasserkraft an mehreren Bayerischen Hochschulen. Er ist sich sicher: „Wasserkraft ist ein Multitalent und Teamplayer.“

Dr. Harmut Fischer von der Energie Watch Group aus Berlin lieferte in seinem Impulsvortrag Zahlen und Fakten über die energetisch und ökologisch wertvolle Wasserkraft: „In Deutschland gibt es zirka 8.200 Wasserkraftwerke. 2023 haben diese mit 5,5 GW insgesamt 20,4 TWh (ohne Pumpspeicher-KW) oder 4,6 Prozent des gesamten Stroms erzeugt. Die Wasserkraft ist auch ohne Eingriff in die größeren Flüsse um zirka 3,5 GW und 14,3 TWh/a ausbaubar - durch einen Mix von Repowering und Modernisierung bestehender Anlagen sowie Reaktivierung alter Anlagen und Querbauwerke.“  Fischer ist überzeugt: „Je mehr Wasserkraft eingesetzt wird, umso weniger volatiler Wind- und PV-Strom ist erforderlich und damit auch umso weniger teure grüne H2-Kraftwerke. Und: Wasserkraft ist eine zuverlässig einsetzbare Stromquelle. Sie dient direkt der Netzstabilität im Millisekunden- und Minutenbereich und ist mit begrenztem Aufwand für eine flexible Spitzenlast ausbaubar (zirka 1-2 GW). Wasserkraft erhöht die Resilienz der Stromversorgung. Zirka 80 Prozent der bundesdeutschen Wasserkraft wird in Bayern und Baden-Württemberg erzeugt. Das vermeidet anteilig den teuren Ausbau von Nord-Süd-Stromleitungen. Flusswasser-Wärme kombiniert mit Großwärmepumpen integriert in die vorhandene Infrastruktur der Wasserkraftanlagen hat ein enormes Potenzial für die Wärmewende (laut einer Studie der Forschungsstelle für Energiewirtschaft e.V. in Bayern mindestens 20 Prozent des Wärmebedarfs).
Auch was die oft zitierte ökologische Bedrohung der Fische betrifft, gab Fischer Entwarnung: „Moderne Anlagen haben Fischtreppen und kleinmaschige Rechen, schaffen so eine gute Durchgängigkeit für Fische und schützen deren Bestand. Die Gefahr sehe er in der Überdüngung sowie in den chemischen Einträgen wie Quecksilber und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe oder Begradigung und Versiegelung und dem fehlenden Schutz bei fossilen Kraftwerken. Wasserkraft leiste auch wichtige Öko-Dienstleistungen. Sie bietet bei Starkregen „Schutzräume“ vor schlammhaltigen Überflutungen und Ausschwemmungen, bremst die Fließgeschwindigkeit und bietet Brut-, Laich- und Lebensräume. Dazu steigert sie mit ihren Stauräumen die Artenvielfalt und schützt bei Trockenheit vor Fressfeinden. Zudem unterstützt sie mit ihren Stauhaltungen die Grundwasserbildung.

Andrea Rothkopf, Leiterin des Wahlkreisbüros MdB Muhanad Al-Halak im niederbayerischen  Grafenau, fokussierte in ihrem Vortrag „Was kann die kleine Wasserkraft, um die Potenziale künftig zu nutzen?“ den Blick auf die wichtige Rolle der Wasserkraftwerke als wirtschaftlichen aber auch ökologischen Impuls für die regionale, ländliche Entwicklung und die daraus resultierenden Vorteile für den Naturschutz und die Artenvielfalt sowie den Nutzen für die Gesellschaft. Sie stellte unter anderem Fragen in den Raum wie „Welche Faktoren sollten für einen nachhaltigen Ausbau der Wasserkraft gewährleistet sein? Welche finanziellen Anreizsysteme, angemessene Vergütung von Systemdienstleistungen, bürokratische Vereinfachungen und Beschleunigungen von Genehmigungsverfahren bei Modernisierung, Ausbau und Neubau sind notwendig? Für einen resilienten Ausbau der Wasserkraft als Lösung zur Versorgung kritischer Infrastruktur und als Regelwerk bei drohendem Hochwasser sieht sie als wichtige Voraussetzung die Einbeziehung der Wasserkraftanlagen und deren Potenziale in die kommunale und interkommunale Raumplanung, der KRITIS-Planung, Energieplanung und Planungen zur Anpassung an den Klimawandel. Die Referentin ist der Überzeugung: „Wasserkraft stärkt den ländlichen Raum durch regionale Erzeugung und Wertschöpfung und als Impulsgeber für weitere wirksame Natur- und Gewässerschutzmaßnahmen.“ 

„Die Potenziale der Wasserkraft wurden in dem Arbeitskreis nicht nur von wissenschaftlicher und praktischer Seite objektiv erörtert, sondern deren Wichtigkeit von allen bestätigt“, resümiert Al-Halak und ergänzt: „Ich denke die Bedeutung der Wasserkraft im Energiemix einer nachhaltigen und klimaneutralen Stromversorgung wird von der Bevölkerung anerkannt. Insbesondere bei den politischen Entscheidungsträgern, braucht es noch mehr Tatkraft und Mut, um dem historisch gewachsenen Kulturgut Wasserkraft die Aufmerksamkeit zu geben, die es verdient. Gemeinsam mit diesem ersten Gesprächskreis haben wir einen wichtigen ersten Schritt geschafft. Nun werden wir die Ergebnisse zusammenfassen und sie in die Diskussion um die Zukunft der Wasserkraft als bedeutenden Baustein in der alternativen Energieversorgung einbringen.“

 

05.07.2024